Liebe Freunde des Sports,
mein Name ist Julian Georgescu, ich bin der Betreiber der Inside Position Academy - kurz IPA. Ich schreibe euch nach dem letzten IPA Grapple Cup, welcher am gestrigen 11. Oktober 2025 bei uns zum insgesamt elften Mal stattgefunden hat und bei dem es leider zu einer Reihe von Vorfällen gekommen ist, die mich persönlich stark getroffen und mir sehr zu denken gegeben haben.
Diese Turnierreihe wurde ursprünglich von meiner geschätzten Kollegin Gamila Kanew im Jahr 2023 ins Leben gerufen. Sie veranstaltete dieses Turnier in jenem Jahr in meiner Akademie – damals noch in der alten Immobilie – dreimal. Nach dem Umzug im Jahr 2024 in die neue, größere Immobilie übernahm mein Schüler und Freund Julian Steen die Organisation und baute das Format mit unheimlich viel Herzblut zu einem der mittlerweile beliebtesten Turniere der norddeutschen BJJ-Szene aus. Zusätzlich zu den bekannten IPA Grapple Cups gab es außerdem ein Turnier speziell für Kinder und seit 2025 die Fight Nights der IPA Combat League, welche MMA-Kämpfe im Käfig ausrichtet. Insgesamt kommen wir auf 16 Veranstaltungen in den letzten zweieinhalb Jahren.
Nach dieser Zeit möchte ich eine Bilanz ziehen und über die Entwicklung sprechen, die ich beobachte – und die mir unter anderem sehr negative Gefühle bereitet. Auch wenn es die ein oder andere menschliche oder sportliche Angelegenheit gab, die ich nicht gut finde, möchte ich nicht darüber sprechen. Tatsächlich geht es mir heute um etwas anderes, nämlich die Behandlung des Privateigentums, mit dem wir zwangsläufig alle bei den Veranstaltungen in Berührung kommen: die Räumlichkeiten und die Ausstattung der Inside Position Academy. Bitte versucht zu verstehen: IPA ist mein Lebenswerk. Mein Traum. Meine Leidenschaft. Mein Glück. Mein Grund, warum ich morgens aus dem Bett aufstehe. Aber auch meine Existenzgrundlage.
Ich habe die letzten bald 13 Jahre meines Lebens auf der Matte verbracht. Brazilian Jiu Jitsu lehrte mich Disziplin, Ausdauer, Willenskraft – und vor allem: ganz viel Respekt. Respekt vor anderen Menschen, vor deren Meinungen, Wünschen, Gesundheit und Besitz. Ich bin kein perfekter Mensch – mit Sicherheit nicht. Doch ich bin mittlerweile an einen Punkt gekommen, an dem ich mit sehr viel Stolz auf mich und mein generelles Verhalten im Leben blicke.
Es schmerzt, mitteilen zu müssen, dass ich insbesondere über die letzten paar Veranstaltungen in meiner Akademie den Respekt vor meinem Besitz – also in dem Fall meine ich den physischen – immer stärker vermisse. Beim letzten Turnier am besagten 11. Oktober ist es zu Ereignissen gekommen, die mich an eine Grenze gebracht haben.
Schon seit längerer Zeit fällt mir auf, dass es nach jeder Veranstaltung zu groben Verschmutzungen kommt. Ich denke, das ist normal und nicht zu verhindern. Wir sind an diesen besonderen Tagen regelmäßig mehrere Hundert Menschen auf engem Raum, und es passieren Dinge – Missgeschicke, Unachtsamkeiten und sicher auch die eine oder andere Tat, die man vielleicht nicht gemacht hätte, wenn man nicht in der Anonymität der Masse untergegangen wäre. Ich möchte mit diesem Beitrag über einige Dinge berichten, die mir sehr schwergefallen sind zu bemerken – und die mich sehr wütend, aber auch sehr traurig gemacht haben.
Ich verstehe, dass eine Toilette nicht mehr besonders sauber sein kann, wenn sie innerhalb weniger Stunden mehrere Hundert Male benutzt wurde. Ich verstehe, dass einem mal ein Getränk umkippt und man die zuckerhaltige, stark riechende Flüssigkeit nicht rückstandslos entfernen kann. Ich verstehe, dass man seinen Müll vielleicht mal versehentlich neben und nicht in den Mülleimer wirft. Und ich verstehe, dass der Mülleimer irgendwann voll ist – und man, bevor er geleert wurde, gar nicht anders kann, als seine zu entsorgenden Speisereste daneben zu stellen.
Was ich nicht verstehe, ist, warum das von Mal zu Mal schlimmer zu werden scheint. Mir ist bewusst, dass meine Wahrnehmung möglicherweise durch meinen Frust der letzten Monate sensibler und negativer wird – vielleicht auch, weil ich Dinge sehen will, um sagen zu können: Es wird schlimmer. Confirmation bias nennt man das. Ich weiß aber auch, dass ich ein sehr aufmerksamer und vor allem sehr fairer Mensch bin, dem Gutes wie Schlechtes relativ genau auffällt. Dies ist eine meiner besonderen Stärken, auf die ich sehr stolz bin. Ich glaube deshalb mit Sicherheit sagen zu können, dass der Respekt vor der Akademie – unserem gemeinsamen Veranstaltungsort – nachgelassen hat, und ich mir die vielen Verschmutzungen, Beschädigungen und mittlerweile sogar Diebstähle nicht einbilde.
Zu den Verschmutzungen habe ich bereits etwas gesagt – und noch einmal: Ich verstehe es. Was ich nicht verstehen kann, ist, wieso Betriebsausstattung wie zum Beispiel ordentlich verräumte Kettlebells durch die Gegend geschmissen werden. Warum Zubehör aus unserem Kindertraining, welches unser Trainer Niklas Goertz liebevoll und mit größter Hingabe ausübt, herumfliegt oder sogar gegen die (mehr als zehn Meter hohen) Decken getreten wird – und dabei beinahe unsere äußerst teuren Leuchtmittel zerstört werden. Was ich nicht verstehe, ist, wieso nicht darüber nachgedacht wird, dass das eigene Verhalten möglicherweise nicht korrekt ist und man es niemals so im eigenen Zuhause ausführen würde. Warum die Konsequenzen des eigenen Verhaltens nicht bewusst zu sein scheinen – und nicht bemerkt wird, dass man Schäden anrichtet. Schäden, welche andere Menschen am nächsten Tag beheben müssen.
Nicht jeder, der an unseren Veranstaltungen teilnimmt – ob als Wettkämpfer oder Zuschauer – wird sich in meinen Ausführungen wiedererkennen können. Es ist allerdings mittlerweile eine so kritische Menge von Leuten geworden, die negativ auffallen, dass ich es mir erlaube, die Gesamtheit – also uns alle, es betrifft uns ja auch alle – anzusprechen. Nicht, um zu meckern, Vorwürfe zu machen oder ausfallend oder beleidigend zu werden. Sondern um zu versuchen, Verständnis zu schaffen, das Bewusstsein zu schärfen und für diese Thematik zu sensibilisieren. Leute, das geht so nicht weiter. Es kann so nicht weitergehen.
Wisst ihr eigentlich, was mir persönlich für Verluste durch eine solche Veranstaltung entstehen? Es geht nicht nur um Geld. Es geht auch um Zeit und Energie – und um den mittlerweile so großen Frust, der mich an eine Grenze bringt, deren Überschreiten dazu führen würde, dass ich künftig keine externen Leute mehr in meine Akademie lassen könnte. Das würde automatisch das Ende aller Wettkämpfe bei IPA bedeuten – ein Verlust, der uns alle treffen würde. Ich möchte das nicht.
Es ist leider im Leben oft so, dass einem der Wert von etwas erst bewusst wird, wenn man es verloren hat. Mit steigender Lebenserfahrung weiß man Gutes oft besser zu schätzen. Ich bin heute 34 Jahre alt geworden und habe so allmählich das Gefühl, mich als erwachsenen und reifen Mann bezeichnen zu können. Mich schüttelt es beim Gedanken, wie ich mich vor zehn, fünfzehn Jahren verhalten habe. Wie viel Quatsch ich gemacht habe, wie viel Mist ich gebaut habe. Vieles war mir damals gar nicht bewusst und wurde es erst Jahre später.
Nicht zuletzt auch, weil unser Publikum zum großen Teil sehr jung ist, habe ich deshalb durchaus Verständnis dafür, dass diese Erfahrung – und die gewisse Weisheit, die man mit dem Alter erlangt – einfach noch nicht vorhanden sein kann. Jeder muss seinen Weg halt erst gehen, bevor man sagen kann, dass man ihn gegangen ist. Viele unserer Teilnehmer und Zuschauer haben diesen Weg noch vor sich.
Was ich jedoch einfach nicht mehr akzeptieren kann, ist, dass ich dafür aufzukommen habe. Es handelt sich um meine persönlichen Ressourcen: Geld, Zeit und Energie. Es geht mir Geld verloren durch Beschädigungen und daraus resultierende Reparaturen, die so einfach vermeidbar gewesen wären. Es geht mir unheimlich viel Zeit verloren durch die Putzarbeiten, die nach einer Veranstaltung einen ganzen Arbeitstag erfordern. Und es geht mir Energie verloren durch die harte körperliche Arbeit, den Ärger, die Wut und den Frust.
Über die vorherigen 15 Veranstaltungen ist eine Sache nie passiert: dass Wertgegenstände abhandengekommen sind. Jede Kettlebell war immer noch vorhanden (sie sind abgezählt). Auch zum Teil 700 Euro teure Staubsauger sind nie verschwunden. Kameras, Intervall-Uhren und andere elektronische Geräte waren am Ende immer an ihrem festen Platz. Nie gab es einen Diebstahl. Doch nun ist es auch dazu gekommen: Die für unsere Kinder gedachten Bücher, geschrieben von meiner Trainerin Ana Yagües – über die Wettkampfregeln des Brazilian Jiu Jitsu – wurden alle gestohlen. Jedes einzelne Exemplar.
Ich hatte diese Bücher für einen guten Zweck gekauft, nämlich um die beiden Töchter der Frau zu unterstützen, der ich unheimlich viel zu verdanken habe. Am Vorabend der Veranstaltung habe ich diese zum Teil verschenkt und verliehen und wusste exakt, wie viele Exemplare bereits rausgegeben wurden. Ich wusste also auch die exakte Stückzahl der noch vorhandenen. Nach dem gestrigen Turnier war kein einziges mehr zu finden.
Ich fürchte mich vor einer Low-Trust-Society. Als lebenslanger Hamburger, in einer der größten Städte Deutschlands, bin ich es gewohnt, auf meine Sachen achtgeben zu müssen. Großstadt ist Großstadt – das ist sicher jedem bewusst. Aber unsere Community im BJJ war für mich immer mein sicherer Ort. Ein Ort, an dem jeder jedem hilft, sogar ohne sich zu kennen. Wo man sich gegenseitig beschützt, einfach nur, weil man denselben Sport ausübt. Ich habe in meiner langjährigen Karriere als Wettkämpfer in vielen Ländern Europas gekämpft. Zahlreich wurde mir Gastfreundschaft geschenkt – von Leuten, die mich nicht kannten, die mich zu sich nach Hause einluden, mir Essen und ein Bett gaben. Sogar unbeaufsichtigt in ihrer Wohnung ließen, einfach, weil wir aus derselben Community kamen.
Durch meine Trainerin Ana habe ich in den vielen Jahren, in denen ich unter ihr trainiert habe, erlebt, wie gastfreundlich sie selbst war. Wir hatten ständig Besucher bei Nexus, ihrer Akademie, in der ich vom Weiß- bis zum Schwarzgurt trainiert habe. Wir haben geteilt, geschenkt und unterstützt. Mir war immer bewusst, dass ich eines Tages meine eigene Akademie eröffnen würde – und es war absolut klar, dass ich dieselbe Attitüde gegenüber Gästen haben würde. Seit mehr als drei Jahren, die es IPA nun gibt, tue ich genau das. Unter anderem auch durch besagte Veranstaltungen, bei denen man ja nicht nur Organisator ist, sondern auch Gastgeber.
Heute kommt meine Mutter mich zum Geburtstag besuchen und bringt mir ein Geschenk – einen ihrer von mir sehr geliebten Apfelkuchen mit frischer Schlagsahne. Ich wollte ihr eigentlich auch die Akademie zeigen, da sie diese noch nie gesehen hat. Leider kann ich das nicht tun, denn IPA ist in keinem vorzeigbaren Zustand.
Ich finde es zutiefst traurig, dass ich meine Einstellung, meine Akademie der Allgemeinheit zu öffnen – wegen der genannten negativen Erfahrungen – nun allmählich bereue. Ich möchte das nicht. Und ich versuche auch, dagegen anzukämpfen. Aber ich merke, dass ich es nicht schaffe: Ich werde verbittert.
Ich habe bereits von Ärger, Wut und Frust gesprochen. Verbitterung ist etwas anderes. Das ist das Schlimmste. Denn das geht nicht mehr weg – oder nur sehr schwer und über lange Zeit. Ich möchte nicht verbittert werden gegenüber der einzigen Community, der ich mich jemals zugehörig gefühlt habe. Brazilian Jiu Jitsu ist mein Leben. Und BJJ lebt von den Menschen. Die Techniken und der Wettkampfsport sind tolle Dinge – aber das soziale Miteinander ist das, was es im Kern ausmacht. Warum dieser Sport so sehr verbindet.
Wir alle tragen dazu bei, dass Verbundenheit gestärkt werden kann – genauso, wie es möglich ist, dass sie geschwächt wird. Ich bin mir zu 100 % sicher, dass jeder mit derselben Antwort reagieren würde, wenn man fragt, wozu er seinen Teil beitragen möchte: Dafür – und nicht dagegen. Für Vertrauen. Für Zuverlässigkeit. Für Freundschaft. Für Sportlichkeit. Für Nähe.
Ich bitte darum, das eigene Verhalten zu überprüfen – und es, so gut es geht, stets im Bewusstsein zu behalten.
Liebe Grüße
Julian Georgescu
IPA BJJ Hamburg